Versteckte Arkana: Entwickler Lee Bledsoe im Rampenlicht

von Anatoli Ingram am 14. Mai 2015

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Hallo, mein Name ist Anatoli Ingram. Heute möchte ich euch zu „Versteckte Arkana“ begrüßen. In dieser Kolumne könnt ihr einen Blick hinter die Kulissen von Guild Wars 2: Heart of Thorns™ werfen. Diese Woche habe ich mich mit Special Effects Artist Lee Bledsoe unterhalten, der an der Gestaltung des Schnitters mitgewirkt hat, der neuen Elite-Spezialisierung des Nekromanten.

Lee kann auf über zehn Jahre Erfahrung als Character Animator zurückblicken. Als das Studio, für das er vorher tätig war, mit einem größeren Unternehmen fusionierte, fiel Lee auf, dass es zwar mehr als genug Leute für den Bereich Character Animation gab, es jedoch an Künstlern im Bereich Visual Effects fehlte. Lee sah das als Möglichkeit, seine Kenntnisse zu erweitern. Die einzige Auflage, die er für diesen Wechsel erhielt: die Einarbeitung durfte nicht länger als einen Monat dauern. Für Lee stellte das kein Problem dar, also vollzog er den Wechsel und bildete sogar neue Visual Effects Artists aus. Doch die Fusion führte zu einigen Entlassungen – auch Lee war betroffen.

Lee bewarb sich bei ArenaNet, da ihm die Arbeitskultur dort gefiel. Alle Klassen in Guild Wars 2 haben ihren eigenen, unverwechselbaren Stil. Lee wusste also, dass ihn bei ArenaNet ein abwechslungsreicher Job erwartet. Zurzeit arbeitet Lee an Kreaturen für die neue Erweiterung Guild Wars 2: Heart of Thorns. Doch wenn im Visual Effects-Team mal Not am Mann ist, springt er dort ein. Das war auch der Fall bei der Entwicklung des Schnitters.

Rise

Plötzlicher Tod

Selbst wenn bei der Entwicklung von Videospielen alles nach Plan läuft, kommt es immer mal vor, dass bestimmte Aufgaben am besten schon gestern erledigt sein sollten. Es kann etwa drei bis fünf Arbeitstage dauern, um einen Effekt wie den der Elite-Fertigkeit des Schnitters zu gestalten. Lee schaffte das an einem einzigen Arbeitstag.

„Wenn der Termindruck groß ist, dann muss alles auf Anhieb sitzen“, so Lee. Aus diesem Grund muss er bereits vor dem ersten Arbeitsschritt wissen, wie eine Fertigkeit genau funktioniert. Anstatt die Elite-Fertigkeit von Grund auf neu zu entwerfen, durchforstete Lee die Effekte-Bibliothek von ArenaNet und hauchte vorhandenen Texturen neues, schauerliches Leben ein. Von allen Effekten, die Lee für den Schnitter kreiert hat, ist der Effekt der Elite-Fertigkeit sein Favorit.

Wenn er einen Effekt entwickeln soll, spricht Lee zunächst mit den Game Designern, lässt sich ihre Vision der entsprechenden Fertigkeit oder Fähigkeit erklären und fragt nach den Anforderungen für das Gameplay. Ihm ist es wichtig, etwas über die Hintergrundgeschichte eines Features zu erfahren. Mit Fertigkeitseffekten verhält es sich ähnlich wie mit Geschichten. Sie haben einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende. Die Effekte des Schnitters brauchten also auch ein Startsignal, den eigentlichen Effekt und ein Zeichen, welches das Ende der Fertigkeit anzeigt.

Lee entwirft zunächst ein Konzept in Adobe Photoshop. Falls neue Texturen benötigt werden, werden diese auch in Photoshop erstellt. Effekte und Partikel werden in Maya gestaltet, einer Software für 3D-Animation und Modellierung. Von dort aus werden die Effekte dann in ViewModel exportiert, ein Programm von ArenaNet. In ViewModel bestimmt Lee, was bei den Effekten dann tatsächlich passiert. Dazu legt er verschiedene Werte fest, wie etwa die Geschwindigkeit.

Die wichtigste Überlegung bei der Erstellung von Effekten lautet: Wie oft sieht man den Effekt? Je öfter er auftaucht, desto einfacher sollte er sein, damit das Spiel nicht verlangsamt wird. Entscheidend ist auch der Detailgrad. Aus der Nähe betrachtet müssen die Effekte gut aussehen. Mit zunehmender Entfernung werden die Details zugunsten der Performance reduziert. Bei der Entwicklung visueller Effekte muss man entscheiden, wann und wie stark eine solche Reduzierung von Details stattfindet.

Werden auf dem Bildschirm zu viele Partikeleffekte übereinander dargestellt, kommt es zu einem Overdraw, der sich erheblich auf die Spielperformance auswirkt. Mit speziellen Tools suchen Lee und seine Kollegen nach potentiellen Problemen durch Overdraw. Dazu werden sämtliche Texturen aus dem Spiel entfernt und alle Partikel als blaue Punkte dargestellt. Überlappende Partikel werden in einem helleren Blauton dargestellt. Je näher die Partikelfarbe an ein klares Weiß rückt, desto wahrscheinlicher ist eine negative Auswirkung auf die Performance des Spiels.

Die Fertigkeiten der Spieler-Charaktere sind sehr oft zu sehen, deshalb haben die Visual Effects Artists von ArenaNet hier einen engeren Spielraum bei der Gestaltung. Effekte wie Feuer sind eine besondere Herausforderung, da zahlreiche Elemente benötigt werden, um ein überzeugend wirkendes Feuer zu erschaffen. Rauch, Flammen, Funken und die Hitzewellen in der Luft sind sehr unterschiedliche Elemente, die zusammen ein Gesamtbild ergeben. Das Visual Effects-Team muss versuchen, sich bei jedem dieser Elemente auf eine Ressource zu beschränken, denn mit dem Umfang des Effekts steigt auch die Anfälligkeit für Performance-Einbußen.

Death-Shroud

Auf unserem Bildschirm sieht Feuer aus wie Feuer, selbst wenn es grün ist. Wenn wir Zauber oder Fähigkeiten verwenden, wirkt es ganz so, als ob diese tatsächlich der Hand oder der Waffe unseres Charakters entspringen. Die Effekte bewegen sich mit unseren Charakteren und lassen sich von uns steuern. In der Welt von Tyria erscheinen sie ebenso greifbar wie die Charaktere selbst. Hinter jeder Flamme, jeder Sense, die geschwungen wird, und hinter jedem Leuchten steckt ein Visual Effects Artist wie Lee, der jeder Sekunde des Effekts Leben eingehaucht hat.

Wenn ihr den Schnitter in Aktion erleben wollt, dann seht euch am Freitag, dem 15. Mai, um 21:00 Uhr MESZ (12:00 Uhr PDT) den „Points of Interest“-Livestream auf unserem offiziellen Guild Wars 2 Twitch-Kanal an!